"Was magst du an dir?"

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In meiner letzten Uniwoche haben wir in einem Seminar zum Thema Essstörungen (inklusive Adipositas) ein paar Therapieansätze durchgespielt. Es ging dabei um Präventionsmaßnahmen für Kinder und Jugendliche. Vor allem sollte etwas über das eigene Körpergefühl erfahren werden, dafür setzten wir uns in einen Stuhlkreis zusammen und bekamen dann die Frage gestellt, was wir an uns mögen. Im ersten Durchgang ging es dabei um Charaktereigenschaften und Fähigkeiten. Anfang ging es noch ganz gut, da vielen Stichworte wie Zuverlässigkeit, Disziplin, Neugierde, Freundlichkeit und vieles mehr. Doch je öfter man dran kam (wir warfen ein Tuch als "Sprechstein" quer durch die Gruppe) um so schwieriger wurde es. Tja, was mag ich denn an mir? Es ist ja nicht nur so, dass einem meistens eher die Dinge einfallen, die man nicht so sehr an sich leiden kann, nein, zusätzlich kommt noch ein leichtes Schamgefühl hinzu, dass man bloß nicht arrogant wirkt, wenn man sagt, wie toll man sich eigentlich findet. Und dann ist das ganze ja auch noch Tagesform abhängig. Wenn ich einen guten Tag habe, dann finde ich auch viel mehr an mir gut als an einem schlechten Tag. Und zu guter Letzt sitzen da 10, 15 Menschen, von denen ich vielleicht 3 oder fünf so gut kennen, dass ich ihnen ehrlich sagen mag, was ich wirklich an mir mag (dabei spreche ich jetzt eher nicht von den am häufigsten genannten Dingen, sondern eher verstecktere Sachen). Fremden offenbaren das ich es mag, wie offen und tolerant ich bin? Wirkt das nicht eingebildet? Kann ich das hier wirklich so sagen ohne mich unbeliebt zu machen? Ach ja, da taucht dann gleich wieder eine Eigenschaft auf, die ich nicht an mir mag, der ständige Wunsch nach Beliebtheit, aber darum ging es ja nicht.


Nach der ersten Runde folgte Nummer zwei. Dieses Mal ging es darum, was man an seinem Körper mag. Was? Wie bitte? Äh, ich muss hier weg... Keine Chance, das wäre total offensichtlich und peinlich. Also schnell Hirn, sag mir etwas, das ich mögen könnte. Viele äußerten, dass sie ihre Augen, Haare, die Lippen oder Finger mögen. Als ich dran war sagte ich, meine Narben. Ich mag an mir meine Narben. Da ist eine ganz besonders "schöne" an meinem Knie. Sie stammt von einem Fahrradunfall als ich Fahrradfahrer lernte. Sie ist auch nur deswegen schön, weil ich mit ihr diese wunderschöne Erinnerung verbinde. Als ich das Radfahren bei meiner Oma gelernt habe, schenkte mir ihre Nachbarin eine Tafel Schokolade. Als mich meine Eltern Abends abholten und meine Sachen bereits im Auto waren machte sich unser damaliger Hund über die Schoki her, ich war so enttäuscht, dass es eine neue Tafel von meinen Eltern gab :)


Dann sind da noch weniger schöne Narben an meinem linken Unterarm. Aber ich mag sie dennoch, denn sie gehören zu mir. Ich wäre sicherlich nicht die, die ich heute bin, wenn ich die Zeit, in der diese Narben entstanden sind, nicht durchgemacht hätte. Ich verstecke sie nicht, denn ohne sie bin ich nicht ich.
Eine letzte und die für mich unschönste Narbe ist die von meiner Blinddarm-OP. Nicht nur, dass sie meinen runden Bauch irgendwie noch unförmiger erscheinen lässt, nein, sie tut auch noch weh und zwackt jedes Mal wenn sich das Wetter rapide ändert.

Komisch, bevor ich diese Übung mitgemacht habe, hätte ich nicht gedacht, dass ich meine Narben mag. Und nach dem ich es ausgesprochen habe war ich mir auch unsicher, ob das überhaupt stimmt. Aber ja, es stimmt, ich mag meine Narben. Zeichen meines physischen Lebens!

Ich kann euch nur empfehlen, sich mal in einer ruhigen Minute hinzusetzen und zu überlegen, was ihr an euch mögt. Neben meinen Narben sind es auch bei mir der Mund, meine Zähne, meine Augen, an den meisten Tagen mag ich auch meine Haare, nicht zu vergessen sind auch meine Brüste, bzw. mein Dekolleté (auch wieder etwas, dass man vor versammelter Mannschaft nicht sagt, aber im Internet sind wir ja unter uns :p).

Natürlich fallen mir auch gleichzeitig wieder unzählig viele Dinge ein, die ich nicht mag, aber darum geht es nicht. Wenn ihr einen scheiß Tag habt an dem ihr euch einfach nur hässlich, dick, dünn, zu groß oder zu klein fühlt, dann setzt euch hin und konzentriert euch auf das, was ihr mögt. Stellt euch vor den Spiegel und schaut euch, wenn ihr sie mögt, in eure wunderschönen Augen, versinkt darin und versucht mal, ein bisschen zu lachen. Mir hilft das und das tat es auch schon vor dieser Übung.

So, genug davon, was ich an mir mag. Was mögt ihr an euch?

LG Ani

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